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Fake Gleichberechtigung 

Plädoyer der Fürsorgearbeit als Quelle für eine Zukunft basiert auf Nächstenliebe

Ich möchte ungern mit Kapital argumentieren, aber dennoch darauf hinweisen, dass die Grundlage für jede Wertschöpfung die Fürsorgearbeit ist, die bislang vor allem von Frauen, und vor allem unentgeltlich geleistet wird. Dass immer mehr Kapital in immer weniger werdenden, immer Weißer werdenden, männlich gebliebene Hände sich akkumuliert, hängt auch mit einer der Grundlügen des Kapitalismus zusammen: nämlich das Fürsorge-Arbeit gratis ist. 

Das ist sie natürlich nicht, bloß Frauen mussten bislang allein die Kosten tragen, während andere Gewinn aus unserer un-entlohnte Arbeit erzielten, unter anderem in Form von Ausschöpfung zukünftiger Arbeitsleister*innen. (2)(3)

Alleinerziehende Mütter und ihre Kinder sind in Deutschland die Gruppe, die dem höchsten Risiko ausgesetzt ist in Armut zu leben. Diese Armut bedeutet oft von kultureller Teilhabe ausgeschlossen zu sein. Wir wissen, dass in der Kunst prekäre Lebensbedingungen geschlechterübergreifend sind; 90% von uns rutschen später durch unzureichende Rente in die Altersarmut. Kein Wunder, wenn selbst öffentliche Kulturinstitutionen mit einer Vergütung für Künstler*innen von wenigen hundert Euro für die Beteiligung in Ausstellungsprojekten rechnen.

Selbst konservative Ökonomen argumentieren mittlerweile für die Einführung eines globalen Grundeinkommens, um systemimmanente, ungleichheitssteigernde und crash-affine Strukturen unseres neoliberale Systems entgegenzuwirken – Strukturen übrigens, die mit Privat-Monopolen auf künstliche Intelligenz eine noch prekärer Existenz für die Mehrheit der Menschheit bedeuten könnte. 

Es gibt in all dem nur eine Antwort: Wir müssen uns solidarisieren. (4)

Auf ethischer, politischer aber auch auf existentieller Ebene.

Denn: Die Art wie Wertschöpfung im Kapitalismus definiert wird ist zutiefst sexistisch.

Während Frauen erst nach jahrhundertelangen Kämpfen, die vor gar nicht so langer Zeit beendet sind und vielerorts immer noch stattfinden, überhaupt Kunst studieren dürfen, machen Frauen mittlerweile die Mehrheit der Anzahl der Studierenden aus; Männer aber sind immer noch stark überrepräsentiert bei den Professuren.

 Während nackte Frauenkörper als das beliebteste Motiv der Kunstgeschichte gelten, wie Pioniere der neuen Kunstgeschichte wie die Guerilla Girls pointierten, so sind immer noch Werke männlicher Künstler stark dominant in öffentlichen wie privaten Kollektionen. In Deutschland gehen wir von einer Überrepräsentation der Männer von 800% aus.

 Das Kinderkriegen (5) ist immer in der Gleichstellungsdiskussion ein Knackpunkt, den wir nicht übersehen dürfen, auch wenn wir von mancher Stellen dafür den Vorwurf des „biologischen Essentialismus“ hinnehmen müssen. Gehen wir diesen Diskussion nicht aktiv nach, sondern gehen wir von einer vermeintlichen „Gleichheit“ aus, dann arbeiten auch Strukturen in vermeintlich progressiven Kulturinstitutionen gegen uns; unter anderem in Form von Altersobergrenzen bei Förderprogrammen und Stipendien, die fast ausschließlich Frauen schaden, da viele von uns einige der vermeintlich entscheidenden Karriere-Jahre mit Fürsorge-arbeit verbringen; 

Auf diese Art schreiben viele Institutionen Frauenkörper, die es wagen zu gebären aus ihrer Geschichte raus. 

Deshalb: Die Art wie Wertschöpfung im Kapitalismus definiert wird ist zutiefst sexistisch.

Während meines Erachtens immer noch gleich viele Männer wie Frauen Eltern werden, gilt Kunst die sich mit Elternsein auseinandersetzt immer noch weitgehend als „Frauenkunst“

Was muss sich ändern damit die Dinge sich ändern? (6)

 Ich kämpfe nicht dafür die gleichen Fehler begehen zu können wie es so viele Männer schon gemacht haben, und seit einiger Zeit auch immer mehr Frauen;

Ich kämpfe nicht für das Recht mein Kind nicht sehen zu können, weil ich den Großteil meiner Lebenszeit an Großkonzerne verkaufe, für weit unter dem finanziellen Wert den meine Arbeit hat, und unvergleichbar viel unter dem Wert den mein Lebenszeit hat. 

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Ich kämpfe nicht für das Recht mich im Konsumrausch verlieren zu können und so zur anthropozänen Präkarisierung unsere Umwelt (7) weiter beizusteuern.

Ich kämpfe nicht für das Recht mich im Alleingang in eine selbstoptimierte, marktdefinierte 1-Personen-Brand zu verwandeln. 

Sondern ich kämpfe dafür, um mit euch gemeinsam Mensch sein, Eltern sein und Künstlerin sein zu können, und betrachte dabei diese Kategorien als tief miteinander verwoben, untrennbar. (8)(9)(10)(11)(12)

Die Kunstgruppe Maternal Fantasies ist ein Versuch, gemeinsam Strukturen im Kunstschaffen aufzuarbeiten, die diesem Imperativ gerecht werden.

Wenn wir Kunst schaffen sind unsere Kinder dabei, und eingeladen mitzumachen;

So laden wir uns nicht selber aus vom künstlerischen Austausch, weil und wenn wir Mütter werden. 

Wenn wir arbeiten üben wir rotierende Autorenschaft aus, das heißt wir sind im Wechselmodell Regisseurin und Putzfrau (13), Kamera- und Ton-Frau, Performerin und Kinder-Aufpasserin, Manuskriptautorin und Köchin (14). Alle diese Aufgaben sind gleich wichtig (15) für die Durchführung unserer Projekte, und durch das Würdigen dessen entstehen keine Macht-Monopole und Privileg-Abstufungen.

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(16) 3 People Wearing Masks

Wenn wir arbeiten und recherchieren suchen wir uns als Quellen andere Frauen aus, auch wenn wir dafür manchmal länger suchen müssen, weil Frauen gelinde gesagt stiefmütterlich behandelt worden sind von der Kunstgeschichte (17)

Wenn wir arbeiten lassen wir uns von dem Wissen und den Strategien des Spielens das unsere Kinder uns vermitteln inspirieren (18); wir beziehen sie als aktive Mitgestalter*innen in unsere Werkprozesse mit ein

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(19)

Wenn wir arbeiten zielen wir darauf ab, die künstliche Trennung zwischen Theorie und Praxis, Kunst und Leben, Bibliographie und Biographie aufzulösen… 

Wir können nur zusammen die Gesellschaft aufbauen die wir uns erträumen, und unsere Methoden müssen nicht nur intersektionell sein, sondern auch intergenerationell. (20)

Wir stellen uns monopolitischer Ausbeutung gemeinsam entgegen! 

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"Fake Gleichberechtigung" was published in print issue 11, "Faux Culture"

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